Gestern war ich mal wieder in Zürich für ein Web-Projekt unserer Kirche. Als ich danach noch auf den Zug warten musste bin ich mit einem aus dem Team noch einen Kaffee trinken gegangen. Dabei haben wir viel geredet unteranderem über die Bundeswehr und das Schweizer Militär. In der Schweiz ist es nach wie vor Gang und Gebe, dass man zum Militär geht. Erstaunlicherweise ist das Militär in der Schweiz nicht so verpönt, wie die Bundeswehr in Deutschland. In dem Gespräch bin ich zu dem Schluss gelangt, dass unsere deutsche Armee präsenter werden muss. Vor Allem im Inland.
Das ich selber bei der Bundeswehr (Bw) war ist kein Geheimnis und ehrlich gesagt, ich bin auch froh Soldat gewesen zu sein. Die Bw tat mir in vielerlei Hinsicht gut und auch für Deutschland ist sie eine wichtige Institution auch wenn dass viele nicht für wahr haben wollen.
Aber die Frage ist doch, warum ist die Bw nicht so beliebt in Deutschland, wie zum Beispiel das Schweizer Militär oder die US Army? Ich denke das liegt an 2 Punkten. Zum einen an unserer Geschichte und zum anderen an der mangelnder Präsenz im Inland.
Die Geschichte
Sicherlich haben wir Deutschen eine schwere Geschichte und diese beeinflusst unser Handeln nach wie vor. Das ist nun mal so und daran kann auch ich nichts ändern. Genau aus dieser Geschichte ist auch unsere Bundeswehr geboren. Ihre Aufgaben wurden damals klar definiert und auch beschränkt. Die Bundeswehr ist für die Außenverteidigung vorgesehen und nicht für Aktionen im Inland. Dies ist ganz klar im Grundgesetz Art 87a nachzulesen.
Art 87a
(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.
(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.
(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.
(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.
Aber halt! Ich habe die Bundeswehr doch schon mal im Inland gesehen, kann nun einer sagen. Ja das stimmt und bringt mich direkt zu meinem zweiten Punkt.
Mehr Präsenz zeigen
Primär darf die Bw nur im Ausland tätig sein. Aber es gibt Ausnahmen. Denn wenn man den Art. 87a in Verbindung mit Art. 91 betrachtet (und das hat das Bundesverfassungsgericht am 17. August 2012 bestätigt) darf die Bw in „Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes“ auch im Inland eingreifen. Deshalb darf die Bundeswehr helfen, wenn z.B. ein Fluss über die Ufer tritt.
Ich persönlich finde es gut, dass das Militär beschränkt ist und stark kontrolliert wird. Aber auf der anderen Seite denke ich, wenn die Bw mehr im Inland agieren würde und nicht nur in Katastrophen-Fällen einschreiten dürfte, dann wäre sie stärker im Blickfeld.
Es ist verständlich, dass viele nicht wissen, was die Bw eigentlich macht. Man bekommt nur die „schlechten“ Meldungen aus der Tagesschau und Co. mit und daraus wird sich ein Meinungsbild erstellt. Würden die Menschen allerdings sehen, dass die Bw auch ihnen direkt hilft, dann würde sich bestimmt so mancher überzeugen lassen, dass die Bw gar nicht so schlecht sei.
Und das ist mir gestern aufgefallen. Ich denke das Schweizer Militär genießt ein besseres Ansehen, weil sie auch in der Schweiz helfen. Das Militär übernimmt dort u.A. Aufgaben, die bei uns nur das THW macht. Z.B. ist das Militär bei Rettungsaktionen in den Bergen dabei und dies oftmals mit mehr Männern als das THW stellen kann. Das ist doch gut! Oder sie helfen Zelte aufzubauen (für verschiedene Veranstaltungen oder Hilfsaktionen).
Ich denke wir haben mit den Soldaten, die oft nur in der Kaserne sind, ungenutzte Ressourcen, die wir doch sinnvoller Einsätzen könnten. Ich erinnere mich noch an den Winter-Orkan 2013 als ganz Norddeutschland im Ausnahmezustand war. Das THW und die Feuerwehr waren 24/7 im Einsatz und auch die Bw hat tatkräftig geholfen. Das ist ein gutes Beispiel, dass die Bw mehr kann als nur in der Außenpolitik und im Verteidigungsfall aktiv zu werden.
Mein Schlusswort ist klar. Ich würde mir wünschen, dass die Bundeswehr präsenter wird gerade in Deutschland. Aber das kann ich nun mal nicht entscheiden. Aber was ich machen kann (und das gilt für jeden) einfach mit offenen Augen durchs Leben gehen und gucken, wo die Bundeswehr schon hilft und mal überlegen, ob man vielleicht doch ein falsches Meinungsbild hat.
PS: Ich rede in diesem Artikel nicht über Pro und Contra verschiedener Außlandseinsätze der Bw. Man kann darüber streiten, ob es gut oder schlecht ist, dass die Bw in Afghanistan ist. Aber nur weil man mit einem Außlandseinsatz nicht zufrieden ist macht das doch nicht automatisch die ganze Bundeswehr schlecht. Also bitte versucht zu differenzieren!